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Vokuhila lebt

Es gibt ein paar Dinge, von denen man denkt, dass sie mittlerweile ausgestorben sind:
Pest, 8+3 - Dateinamen und Vokuhila-Frisuren.

Aber nein! Nummer 3 lebt.

Der Cocktail-Koffer

Ich saß neulich beim Friseur und wartete.
Nach einer Weile setzt sich Vokuhila neben mich und wartet auch.
Vokuhila hat einen Koffer in Aluminium-Optik dabei, dem man schon von weitem ansah, dass er aus Plastik war.

Vokuhila rutscht auf seinem Sessel hin und her.
Ich merke, er kann kaum an sich halten.
Es gibt so Leute, denen sieht man schon an, dass sie gleich ein Gespräch vom Zaun brechen werden – ja, brechen müssen, sonst platzen sie.

Er entschied sich für das Erstere (also das Gespräch) und erzählte mir voller Stolz, dass er gerade eben dieses vorzügliche Schnäppchen gemacht habe.
Ein Koffer voller Utensilien zum Cocktail-Mixen, inklusive Mixer, Sieb, Messbecher und was man nicht sonst noch so alles braucht. Und das beste: das alles zum Waaaaahnsinnspreis!

Zweimal sei er schon heruntergesetzt, aber scheinbar wollte ihn keiner haben.
Oder vielleicht hätten ihn alle nur übersehen? Wo er doch ganz hinten in der Ecke gestanden habe?

Unnötig zu sagen, dass Vokuhila bei seinen Worten den Koffer geöffnet und alle Inhalte nacheinander liebevoll in die Hand genommen hatte.

Es kam wie es kommen musste: ich sollte unbedingt den Preis schätzen.
Ich glaube, Vokuhila war ein wenig enttäuscht, dass ich mit meiner Schätzung von 50 Euro nur einen Euro daneben lag. Jedenfalls schlief das Gespräch danach sehr schnell ein.

Vokuhila war nicht zufrieden. Er lechzte nach mehr Anerkennung seiner jägerischen Fähigkeiten.
Und so griff er zum Handy, fand zielsicher im Telefonbuch den richtigen Gesprächspartner und rief diesen an. (Wir erinnern uns kurz an dieser Stelle: wir sitzen gerade beim Friseur im Wartebereich.)
Bla, bla, Cocktail-Koffer, billig, gekauft, Glück muss man haben, echt gut, bla, bla.

Irgendein (höheres?) Wesen erbarmt sich meiner: ich komme dran und kann der Cocktail-Koffer-Hölle mit seinem Vokuhila-Gott entrinnen.

Doch … das Schicksal scheint unerbittlich … Vokuhila darf sich bald danach auch in den Frisierstuhl sinken lassen.
Direkt neben mir. Den Koffer fest im Griff (der dann aber immerhin abgestellt wurde).

Ein irritierter Blick der Frisörin … aber man ist ja Profi und wird schon irgendwie um den Koffer herumkommen.

Es dauerte nur Sekunden und Vokuhila begann mit der tiefgründigen Aussage "Ich bin ein Glückspilz!" das Gespräch.
Man sah der Haarschneide-Fachkraft gerade zu an, was sie dachte: "Ach Du Sch....!"

Und so wurde auch sie in Vokuhilas Erfolge bei der Schnäppchenjagd eingeweiht und wusste kurz darauf genau, welche Cocktails demnächst in seiner Hobby-Bar entstehen würden.

Und wenn er sich nicht totgemixt hat, schüttelt er noch heute den Becher und produziert ein Getränk nach dem anderen.

Suchtverhalten

Ich konnte Raucher noch nie verstehen.
Da kauft man sich für viel Geld eine Schachtel mit stiftförmigen Objekten, steckt sich eins davon in den Mund, zündet es an und atmet den dabei entstehenden Rauch ein.

Na gut – wer's mag.

Letztlich saß ich mal wieder in der Straßenbahn und fuhr eine Strecke, auf der unterwegs der Fahrer gewechselt wurde.
Alter Fahrer packt seinen Kram zusammen und geht.
Neuer Fahrer kommt aus Wartehaus und hat eine ganz offensichtlich gerade frisch entzündete Zigarette in der Hand. Noch ein tiefer Zug und die Zigarette verschwindet nach zielsicherem Wurf im Gleisbett.

Dass er vor Schichtbeginn noch schnell eine Fluppe durchzieht – OK, noch verständlich.
Aber dass er das nicht rechtzeitig tut, damit er wirklich noch etwas davon hat – das verstehe ich nicht.

Wieso zündet sich ein Raucher eine Zigarette an, von der er ganz genau weiß, dass er maximal drei Züge nehmen wird?

Es ist ja nun nicht so, dass die Bahn sehr plötzlich und überraschend kam.
Und es herrschte auch offensichtliche keinerlei Zeitdruck: im Gegenteil, alles war genau im Plan.

Relativ laut

Ich wohne in einem Mietshaus mit 8 Parteien. Direkt neben mir lebt eine junge Familie mit zwei kleinen Kindern – ein Junge von ca. 4 Jahren und ein weiterer Junge von gut 8 Wochen. Wenn nun Mama Nachbar mit Baby Nachbar auf dem Arm mühsam die Treppen hinaufsteigt, eilt Junge Nachbar behenden Schrittes die Treppen hinauf und hat dabei in aller Regel ein fröhlich Liedlein auf den Lippen. Nennen wir das Phänomen ruhig beim Namen: er kann nicht singen – das aber sehr, sehr laut und schrill. (Ein Schicksal, das er in diesem Alter vermutlich mit 99,999% seiner Altersgenossen teilt.) Oben angekommen begehrt er sofortigen Einlass. Will heißen: er hat gelernt, die Klingel zu betätigen und das tut er voller Inbrunst. Auch wenn keiner zu Hause ist.

Und gegen all das kämpft die arme Mutter vergebens durch eindringliche "Schschschtt!"-Laute.

Bergab spielt sich das gleiche Schema ab:
Junge Nachbar: "Trallala, lala, lala! Flöt, träller, pfeif!"
Mutter Nachbar: "Schschschtt!"

Und ich stehe in meiner Wohnung und muss nur grinsen. Natürlich "brüllt" – nein: singt – der Kleine das ganze Treppenhaus zusammen. Und egal, ob ich in der Küche stehe oder im Arbeitszimmer sitze: ich höre ihn. Und genau so hört ihn vermutlich das ganze Haus. Aber es stört mich nicht! Soll er doch singen, tanzen und springen, der Kleine. Dafür sind Kinder da. Wenn man ihm in 10 Jahren erzählen würde, was er damals zum Besten gegeben hat, wäre ihm das wahrscheinlich sterbens-peinlich.

Eine Etage tiefer wohnt ein Hund. Und wenn Hund alleine zu Hause ist, schlägt er jedesmal an, sobald jemand im Treppenhaus unterwegs ist. Ich gebe zu: das nervt!

Wir sehen also: alles ist relativ – auch Geräusche.

Generationenkonflikt

Kürzlich beim Radiologen …
Die ca. 25jährige Sprechstundenhilfe instruiert eine ca. 70jährige Patientin, dass sie sich für die Röntgenaufnahme bis auf die Unterhose komplett freimachen solle.

Rückfrage der Patientin:
"Also auch die Miederhose Miederhose ausziehen, ja? Nur noch den Schlüpfer Schlüpfer anlassen?"

Daraufhin stutzte die junge Dame hörbar einen Moment und brauchte ein paar Sekunden, bis sie verstanden hatte.

Fazit:
(1) Mode und Bekleidungssitten ändern sich.
(2) Allgemeinbildung neben dem unmittelbar benötigten Fachwissen schadet nie.

P.S.:
Bei all dem muss man sich auch die Frage stellen, ob es so gut ist, dass jemand im Wartezimmer solche Gespräche mithören kann. Aber das ist ein ganz anderes Thema.

Schlaaaand

So, so, offenbar hat Deutschland also das heutige Fußballspiel gewonnen.
Und anscheinend war das Spiel so gegen 22:35 zu Ende.

Jedenfalls nehme ich diese beiden Erkenntnisse von meinem heutigen abendlichen Spaziergang mit.

Es ist jetzt nicht so, dass mich dieser Spaziergang durch die belebtesten Teile der Innenstadt führte, aber wenn einem über ein paar hundert Meter der hiesigen Hauptstraße hinweg so überhaupt niemand begegnet, ist das selbst hier erstaunlich. Klassischer Fall von Gassenfeger.

Und irgendwann zwischendurch: großer Jubel, Feuerwerkskörper und Trötenklänge - Offenbar war ein Tor gefallen.

Um kurz nach halb kommt das Volk aus den Löchern: hupende Autos, klingelnde Fahrräder, gröhlende Menschen. Mehr als einmal schmettert man mir ein freudiges "Deutschlaaand!" entgegen.

Dabei war das doch erst das erste Spiel, oder?
Wie soll das denn weitergehen, wenn die deutsche Mannschaft noch richtig weit kommt????