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Gelesen: Allein auf der Elbe

Tommy Lehmann: Allein auf der Elbe
Tausend Kilometer im Faltboot
(NOTschriften Verlag, 2011)

Eine Kunden-Rezension bei Amazon beschreibt es sehr gut: das Buch ist ein "Road-Movie auf dem Fluss".

Angetrieben durch einen Impuls, den sein verstorbener Vater setzte, paddelt der Autor im Faltboot die Elbe entlang – soweit es sinnvoll geht: von Kuks (Tschechien) nach Cux(haven) (Deutschland).

Unbekümmert und freimütig beschreibt Lehmann in seinem sympathisch erzählerisch gehaltenem Stil seine persönlichen Erlebnisse auf dieser Reise entlang der Elbe: gute und weniger gute Begegnungen, gutes und weniger gutes Wetter.
Und so ganz nebenbei erfährt der Leser, wo es gutes Bier, leckeren Wein und günstiges Essen entlang der Elbe gibt. Landschaftliche Beschreibungen und Ausflüge in Kultur und Geschichte runden das Buch ab, lassen es aber nie langatmig werden.

Man bekommt eindeutig Lust, selbst ein Boot ins Wasser zu setzen und ein Paddel in die Hand zu nehmen. Und gleichzeitig wurde bei mir auch die Lust geweckt, Landschaften mit verschiedenen Verkehrsmitteln zu erleben: zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Motorrad oder auch per Kanu.

Verkehrsregeln in Italien

In dem Konstrukt, das wir heute als "EU" kennen, war Italien von Anfang an dabei: ich erinnere da nur an die Römischen Verträge von 1957.
Rein historisch könnte man mit etwas guten Willen sogar noch sehr viel weiter zurück gehen, aber lassen wir das mal für den Moment.

Die EU ist nun unter anderem dafür bekannt, dass sie viele Dinge sehr detailliert regelt: so wurden z.B. schon 1988 verbindliche Qualitätsnormen für Gurken beschlossen und auch
bei Bananen versteht man seit 1994 keinen Spaß mehr.

Man sollte also meinen, dass solche grundlegenden Dinge wie Verkehrsregeln in den aktuell 27 Mitgliedsländern (Stand: September 2011) schon lange festgeschriebener, anerkannter und gelebter Standard sind.
Falsch, falsch, falsch!
Dass dem eben nicht so ist, zeigt allein schon das Vereinigte Königreich (fälschlicher Weise auch bekannt als "Großbritannien") mit seinem Linksverkehr.
Aber es geht noch viel besser und weitaus subtiler:

Verkehrsregeln in italienischen Städten
Die folgenden Ausführungen entspringen rein subjektiven Beobachtungen.
Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und sollen auch keinerlei Richtschnur für das Verhalten anderer darstellen. Aber mir haben sie geholfen.

  1. Oberste und wichtigste Regel: Wer rollt, hat Vorfahrt.
  2. Innerorts beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit das 1,5-fache der vernünftigen Geschwindigkeit.
  3. Das zweifache der vernünftigen Geschwindigkeit wird allerseits noch absolut toleriert.
  4. Fahrspuren sind grobe Vorgaben: deutlich links und rechts der Begrenzung ist insbesondere bei Überholvorgängen absolut akzeptabel.
  5. Wenn eine Ampel auf rot umspringt, darf man darüber nachdenken, eventuell anzuhalten. Aber nur, wenn man noch mindestens 50 Meter von ihr entfernt ist! Andernfalls: unbedingt weiterfahren!
  6. Wenn eine Ampel auf grün umspringt, darf man vorsichtig losfahren. Dabei aber unbedingt auf den querenden Verkehr achten! (Siehe dazu auch die vorige Regel.)
  7. Die Hupe dient der zwischenmenschlichen Kommunikation, nicht als Warnsignal! (vgl. Spezialisierung A)

....................
Spezialisierung A – geltend für Personen, die sich eventuell kennen könnten:
Einmal hupen: "Luigi! Come stai?" (Hallo Ludwig! Wie geht's dir?)
Zweimal hupen: "Ciao bella! Va bene!" (Hallo Süße! Alles klar! Mir geht's prima.)

Spezialisierung A geltend für Personen, die sich unmöglich kennen können und auch nicht über 13 Ecken miteinander verwandt sind:
Einmal hupen: "Passo!" (Hey Typ! Ich fahre jetzt!)
Zweimal hupen: "Okay!" (Jo!)

Innerdeutsche Flüge

Ist es sinnvoll, innerhalb von Deutschland zu fliegen?
Hat es Vorteile, auf diesen relative kurzen Distanzen das Flugzeug zu benutzen?
Ich weiß es nicht – aber ich denke mal laut nach.

Die Strecke Hamburg – München dürfte innerhalb der Bundesrepublik vermutlich die größte Distanz sein, wenn man nur große Verkehrsflughäfen in Betracht zieht.
Flugzeit: 1 Stunde 20 Minuten.
Fahrtzeit mit der Bahn: ca. 6 Stunden

Vordergründig also ein immenser Zeitgewinn gegenüber der Bahn.
Aber wenn ich in Betracht ziehe, dass man selbst bei innerdeutschen Verbindungen mindestens ein-einhalb Stunden vor Abflug am Flughafen sein sollte, bei der Bahn aber 5 Minuten reichen, schmilzt der Vorsprung schon beträchtlich. Das Flugzeit ist plötzlich nur noch drei Stunden schneller.

Wielange dauert es, bis man nach einem Flug sein Gepäck in Empfang genommen und den Flughafen verlassen hat? Schon eine Weile!
Im Bahnhof klemme ich mir meinen Koffer unter den Arm und ziehe sofort von dannen.
(Hier gebe ich aber gerne zu, dass man bei Kurzstreckenflügen möglicherweise nur Handgepäck hat und somit auch am Flughafen nicht warten muss.)

Wielange dauert es, vom Ankunftsort zu seinem eigentlichen Ziel zu gelangen?
Sagen wir mal, es möge im Stadtzentrum liegen.
Bahnhöfe liegen in aller Regel näher am Zentrum einer Stadt als dies Flughäfen tun!

Das alles sind nur unausgegorere Überlegungen.
Ohne den Anspruch, alle Aspekte bedacht zu haben, und ohne den Anspruch, korrekt recherchiert worden zu sein.

Das alles wäre doch mal eine wissenschaftlich korrekte Untersuchung wert – inkl. volks- und betriebswirtschaftlicher Überlegungen, Ökobilanzen und korrekter mathematischer Modelle.

Und noch eine Dimension gilt es, zu betrachten:
Nehmen wir mal an, ich möchte die Reisezeit sinnvoll nutzen - lesen, arbeiten oder meinetwegen auch schlafen. In welchem Verkehrsmittel habe ich mehr Zeit am Stück, die ich nutzen kann: Flieger oder Bahn?

Gelesen: Zauber des Orients

Andreas Hülmann: Zauber des Orients
Kurs Ost: Auf den historischen Karawanenrouten zu den sagenumwobenen Städten entlang der Seidenstraße
(Highlights-Verlag 2010)

Vier Monate, 17.000 Kilometer, neun Staaten (wenn man die mitteleuropäischen Länder auf der Anreise unterschlägt). Grobe Richtung: Ost-Süd-Ost.

Andreas Hülsmann und seine Frau Claudia fahren mit zwei Motorrädern auf den Spuren Marco Polos (zum Teil) entlang der Seidenstraße gen Osten. Ihr eigentliches Ziel – den Baikalsee – erreichen Sie dabei nicht: zu früh bricht der Winter herein und führt zu der Entscheidung, ab Krasnojarsk die Richtung zu wechseln.
Das Abenteuer soll nicht zur Dummheit verkommen – und so wird der erste Teil der Heimreise mit der Transsibirischen Einsenbahn angetreten.

Hülsmann fesselt – die gut 220 Seiten des Taschenbuchs lassen sich mühelos in einem Rutsch durchlesen. Die Mischung ist perfekt gelungen: persönliche Gedanken und Sichtweisen, Beschreibung von Reiseerlebnissen mit Mensch und Landschaft und die Schilderung von Mühen mit Technik und Bürokratie fügen sich zu einem spannenden und unterhaltsamen Ganzen.

Grenzübertritte haben offenbar bleibende Erinnerungen im Gedächtnis des Autors hinterlassen: Bürokratie, Willkür, Bestechlichkeit, Neugier und diverse andere Eigenarten der Zöllner werden immer wieder unter die Lupe genommen. Trotzdem bleibt Raum für andere Erlebnisse mit Mensch und Land.

Das Buch polarisiert.
Bei den einen wird der "Travelbug" (wie der Autor den Auslöser des Reisefiebers nennt) gefüttert: Aufbruch lieber heute als morgen, hin zu den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, die noch abseits der üblichen Touristenpfade liegen. Abenteuer pur mit Menschen voller Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit, die eigentlich nichts zu verschenken haben.
Bei den anderen wird der "Travelbug" in seine Schranken verwiesen: Grenzübertritte, die Stunden dauern und bei denen man der Willkür der Grenzer ausgeliefert ist. Alle paar Kilometer polizeiliche Kontrollen. Straßen, die diesen Namen nicht verdient haben, und Wege, auf denen wohl schon einmal jemand gefahren sein soll – damals. Erfolg und Weiterkommen nur mit einem gerüttelt Maß an Unverfrorenheit, lautstarker Diskussionsfreude, Trinkfestigkeit und zumindest ein paar einschlägigen russischen Vokabeln – Flüche und Verwünschungen ausdrücklich eingeschlossen.

Gelesen: Jupiters Fahrt

Ted Simon: Jupiters Fahrt
Mit dem Motorrad um die Welt
(rororo 2009)

Man darf sich nicht täuschen lassen: das Manuskript ist alt. Die von mir gelesene Auflage ist die zwölfte (!) im rororo-Verlag. Im englischen Original ist das Buch erstmals 1979 bei Hamish Hamilton erschienen. Das Buch kann man also offenbar getrost als "Klassiker" bezeichnen.

1973 macht sich der damals 42jährige Ted Simon mit einem Motorrad der britischen Marke Triumph auf, die Welt zu erkunden. In den folgenden vier Jahren wird er ca. 100.000 km zurücklegen und dabei 53 Länder besuchen. Seine Reise führt ihn durch Europa und Afrika, Süd-, Mittel- und kleine Teile Nord-Amerikas. Im Bogen über Australien und einige Länder Asiens geht es dann wieder zurück nach Großbritannien.

Simon erzählt von seinen ganz persönlichen Erlebnissen, Gedanken und Sichtweisen, seinen Ängsten, der immer wiederkehrenden Frage nach dem Warum, seinen Gedanken und Beobachtungen. Der Leser erfährt, wie ihn diese Reise zum Teil verändert, welche Werte in den Hintergrund treten und neuen Platz machen.

Zum Teil treten dabei die Reiseroute, die Landschaft, Schwierigkeiten bei Grenzübertritten und sonstige Dinge, die man klassischer Weise in Reiseberichten erwartet, ein wenig in den Hintergrund. Aber ich habe all das nicht vermisst.

Das Buch ist ganz sicher kein Reiseführer und keine Planungsvorlage für ähnliche Unternehmungen.
Es ist eine gut gelungene Beobachtung der eigenen Gefühle, Ängste und Hoffnungen eines Weltreisenden, der auf vielfältige Weise in Kontakt kommt mit Menschen und Kulturen, aber auch politischen und bürokratischen Schwierigkeiten.

Willst Du Fleisch?

Wenn Dich Dein schweizer Gastgeber morgens um sieben fragt: "Willst Du Fleisch?" denkt er nicht, dass er Dir gerade mit einem blutigen Steak eine Freude machen kann.
Er hat auch durchaus nicht die Vorstellung, dass Du löwengleich große Stücke aus einem toten Tier reißen und diese genüsslich verspeisen möchtest.

Nein, er will einfach nur wissen, ob Du etwas Wurst oder Schinken auf Dein Brot haben möchtest.

Erklär-Bär: Reifen

In einer Informationsbroschüre einer Motorradzeitschrft zum Thema "Reifen" heißt es:

Die Haftreibung zwischen Reifen und Straße wird als Grip bezeichnet und ist bei allen Fahrsituationen unverzichtbar.

"Ach was!" dachte ich.
"Welch eine bahnbrechende neue Erkenntnis!"
Besonders der Teil mit 'unverzichtbar' ist ja wirklich erhellend!

"Ihr Hohlbirnen! Für wie bescheuert haltet ihr eigentlich eure Leser?" ging so durch meinen Kopf und ich war war d'rauf und d'ran, eine lange Ereiferung darüber zu schreiben, wie verschaukelt ich mir vorkomme, wenn ich so etwas lesen muss.

OK, streng genommen muss ich es ja nicht lesen.

Aber:
Als regelmäßiger Leser einer bestimmten Zeitschrift gehe ich schon so ein bisschen davon aus, dass ich in diesem Journal (und auch in all seinen Sonderausgaben) gezielt angesprochen werde:
Ein Mindestmaß an fachspezifischer Vorbildung sollte die Redaktion voraussetzen können.
"Zielgruppe" lautet da im Marketing wohl das Zauberwort.

Aber dann überlegte ich mir: "Nee, ist ja gut – kann man ja mal sagen. Vielleicht ist das ja wirklich nicht jedem klar?"

Ich finde es zwar höchst merkwürdig (und gefährlich), wenn man über die prinzipiellem Funktionweisen, Grenzen und Gefahren seiner Fahrzeuge so rein gar nichts weiß, aber vielleicht bin ich da auch ein wenig radikal oder gar altmodisch.

Aber wie auch immer: ich habe ja eine Schwäche für Erklär-Bären.
Ich liebe und verehre sie und eifere ihnen nach.

Und wenn der Erklär-Bär meint, es sei nötig, seiner Zielgruppe etwas über die grundlegende Funktionsweise von Reifen zu erzählen, dann lausche ich ihm hingerissen.
Aber … lieber Erklär-Bär … gibt mir dann auch mehr Futter und quäle mich mit etwas mehr Details!
Ist ja nicht schlimm, wenn das nur wenige "Experten" interessiert. Ich fühle mich lieber überfordert als unterfordert.